Bevölkerungsbewegung
Geburten und Sterbefälle (natürliche Bevölkerungsbewegung) sowie Zu- und Fortzüge (Wanderungen) verändern stetig die Zusammensetzung der Bevölkerung.
In Westfalen würde die Bevölkerung schrumpfen, wenn nicht Menschen aus anderen Teilen von NRW, Deutschland und der Welt ins Münsterland oder Ruhrgebiet, nach Ostwestfalen-Lippe oder Südwestfalen ziehen würden.
Natürliche Bevölkerungsentwicklung
In den vergangenen Jahren lag die Zahl der Sterbefälle stets über der Zahl der Geburten. 2023 wurden zum Beispiel rund 74.250 Kinder geboren, während etwa 105.750 Menschen gestorben sind. Die natürliche Bevölkerungsentwicklung ist also negativ, sodass die Bevölkerung ohne Zuwanderung schrumpfen würde.
Die Zahl der Geburten stieg in den meisten Jahren zumindest leicht, 2014 und 2015 sogar sehr deutlich. Dass (wieder) mehr Kinder geboren werden, hat verschiedene Ursachen. Zum einen gibt es mehr Frauen, die (theoretisch) Kinder bekommen können, und zum anderen steigt die Zahl der Kinder pro Frau. Ersteres ist unter anderem damit zu begründen, dass unter den Schutzsuchenden in den Jahren 2014 und 2015 viele junge Frauen waren. Dass die Zahl der Kinder pro Frau steigt, liegt zum Beispiel an einer verbesserten Familienpolitik, guten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und der Herkunft von Frauen, die als Geflüchtete nach Deutschland kamen (sie stammten teilweise aus Ländern, in denen eine Familie traditionell viele Kinder hat). In den beiden Jahren seit 2021 ist die Zahl der Geburten allerdings jeweils gesunken und lag damit noch deutlicher als in den Vorjahren unter der Zahl der Sterbefälle.
Weniger Geburten als Sterbefälle
Die Gesellschaft wird insgesamt älter: Es leben immer mehr Menschen in Westfalen, die mindestens 65 Jahre alt sind, ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung wird stetig größer – das führt auch zu mehr Sterbefällen. Seit 2011 steigt die Zahl der Sterbefälle in Westfalen an, wenn auch mit leichten Schwankungen. In den Jahren von 2020 bis 2022 waren außergewöhnlich hohe Sterbefallzahlen zu verzeichnen, die zu einem großen Teil auf die Corona-Pandemie, jedoch auch insbesondere in 2022 auf Phasen mit extremen Hitzerekorden und überdurchschnittlich schwere Grippewellen zurückzuführen sind (Auswertung der unterjährigen Sterbefallzahlen seit 2020).
Wird nur die natürliche Bevölkerungsentwicklung betrachtet, schrumpfen Westfalen, NRW und Deutschland. 2023 wurde die Bevölkerung von NRW um 38,8 Personen pro 10.000 Einwohner:innen kleiner, die Bevölkerung in Westfalen schrumpfte noch mehr, nämlich insgesamt um 40,1 Menschen pro 10.000 Einwohner:innen. Besonders groß war der natürliche Bevölkerungsrückgang im Regierungsbezirk Arnsberg: Hier schrumpfte die Bevölkerung innerhalb eines Jahres um 49,3 Personen pro 10.000 Einwohner:innen.
Fast alle der 231 westfälischen Kommunen wiesen 2023 einen negativen natürlichen Bevölkerungssaldo auf, die Höhe des Verlustes an Einwohner:innen variierte jedoch stark. Besonders groß war der natürliche Bevölkerungsrückgang in Bad Sassendorf (Kreis Soest, verlor 2023 rund 149 Personen je 10.000 Einwohner:innen), Warstein (ebenfalls Kreis Soest, minus 97 Personen) und Nachrodt-Wiblingwerde (Märkischer Kreis, minus 95 Personen).
In Espelkamp (Kreis Minden-Lübbecke) und Willebadessen (Kreis Höxter) waren die Geburtenzahlen und Todesfälle nahezu ausgeglichen. Lediglich in sieben Kommunen gab es 2023 eine positive natürliche Entwicklung, das heißt, dort wurden mehr Kinder geboren als Menschen starben. Die größten Bevölkerungsgewinne verzeichneten Augustdorf (Kreis Lippe, plus 35 Personen je 10.000 Einwohner:innen), Ostbevern (Kreis Warendorf, plus 14 Personen) und Hörstel (Kreis Steinfurt, plus 7 Personen). Keine der westfälischen Großstädte verbuchte ein natürliches Bevölkerungsplus.
Je heller die Einfärbung der Gemeinde, desto größer ist der Sterbefallüberschuss. Nur in sieben der dunkelrot gefärbten Gemeinden wurden 2023 mehr Menschen geboren als gestorben sind.
Wanderungsbewegung
Neben der Zahl der Geburten und Sterbefälle haben die Zu- und Abwanderungen einen Einfluss auf die Entwicklung und Zusammensetzung der Bevölkerung. Ein positiver Wanderungssaldo bedeutet, dass es mehr Einwohner:innen gibt, die in eine Gemeinde ziehen, als Menschen, die aus der Gemeinde fortziehen.
Zwischen 2011 und 2023 gab es in jedem Jahr einen Wanderungsgewinn, der bis 2015 stetig größer wurde. 2015 und auch 2022 war der Wanderungssaldo besonders hoch, bedingt vor allem durch den Zuzug von Geflüchteten. Es sind also stets mehr Menschen nach Westfalen gezogen, als Einwohner:innen die Region verlassen haben.
Einen negativen Wanderungssaldo verzeichnete nur der Regierungsbezirk Detmold in den Jahren 2011 und 2016.
Im Regierungsbezirk Münster war der Wanderungssaldo 2011 besonders hoch, in diesem Jahr wurde in der Stadt Münster eine Zweitwohnsitzsteuer eingeführt.
Je dunkler die Einfärbung der Gebiete, desto höher war der Überschuss an Zuzügen in die Kreise und kreisfreien Städte. Im Jahr 2023 verzeichnete Gelsenkirchen das größte Plus gemessen an der Zahl der Einwohner:innen (Überschuss von 133 Zuzügen auf je 10.000 Einwohner:innen). Den geringsten Überschuss verbuchte 2023 der Märkische Kreis (plus 13 auf 10.000 Einwohner:innen).
Wanderung von verschiedenen Altersgruppen
Welche Altersgruppe zieht besonders häufig um? Wohin? Und warum?
Besonders groß ist der Wanderungssaldo in Westfalen bei den Menschen unter 18 Jahren und in der Altersgruppe der 30- bis unter 50-Jährigen – das sind vor allem Familien mit Kindern, die zum Beispiel von einer Mietwohnung in der größeren Stadt in ein Haus oder eine Wohnung mit einem Kinderzimmer ziehen. Diese liegen oft in einer kleineren Gemeinde.
Auch bei den jungen Erwachsenen zwischen 18 und 25 Jahren gibt es einen hohen Wanderungssaldo, bedingt durch den Ausbildungs- oder Studienstart, für den viele junge Menschen in eine andere Stadt oder eine eigene Wohnung ziehen. Den westfalenweit höchsten Wanderungssaldo dieser Altersgruppe weist der Regierungsbezirk Arnsberg auf; der NRW-weite Saldo liegt noch darüber.
Auffällig ist auch der Wanderungssaldo bei den 25- bis unter 30-Jährigen, der in Westfalen negativ, in NRW aber insgesamt positiv ausfällt. Menschen dieser Altersgruppe beenden ihre Ausbildung oder ihr Studium und starten anschließend ins Berufsleben, viele ziehen dafür aus Westfalen weg.
Menschen, die älter als 50 Jahre sind, ziehen eher aus NRW und Westfalen weg, als dass sie zuziehen. NRW ist insgesamt stärker von einer Abwanderung von Menschen dieser Altersgruppe betroffen als Westfalen.
Abgebildet wird der durchschnittliche Wanderungssaldo zwischen 2017 und 2020. Die Angaben zur Anzahl der Personen beziehen sich auf je 10.000 Einwohner:innen.
Zu- und Fortziehen während der Covid-19-Pandemie
2020 blieb der Wanderungssaldo zwar positiv, fiel aber deutlich niedriger aus als in den Jahren zuvor; der Grund dafür war die Covid-19-Pandemie. Diese sorgte dafür, dass es insgesamt weniger Umzüge gab, das Wanderungsvolumen war also geringer als in den Vorjahren.
Zwischen 2017 und 2019 verzeichnete Westfalen jährlich durchschnittlich rund 450.000 Zu- und etwa 433.000 Fortzüge, was einem positiven Wanderungssaldo von knapp 17.000 Personen entspricht. 2020 zogen ungefähr 405.000 Menschen (entspricht einem Minus von etwa zehn Prozent) in die Region, während rund 394.000 Personen (minus neun Prozent) Westfalen verließen. Vor allem die Wanderungsverflechtungen mit dem Ausland gingen unter dem Einfluss der Pandemie zurück.
Natürliche Bewegung und Wanderung
Der demografische Wandel hat Westfalen bereits im Griff: Die Todesfälle können von den Geburten nicht ausgeglichen werden.
Auch die Wanderungsgewinne reichten in den meisten Jahren nicht aus, um diese Lücke zu füllen, sodass die Bevölkerung in Westfalen insgesamt schrumpfte. In den Jahren 2014 und 2015 sowie 2021 bis 2023 wuchs die Bevölkerung allerdings deutlich, als viele Menschen in Deutschland Schutz vor Krieg und Verfolgung suchten. Dadurch lebten 2023 rund 200.000 Menschen mehr in Westfalen als im Jahr 2011.