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Illustration zeigt unter anderem ein Museum mit Besuchenden, eine Bibliothek und einen Vorlesungssaal mit Studierenden und einer Lehrperson

Vereinswesen, Ehrenamt und Glaubensgemeinschaften

Menschen gestalten das Miteinander vor Ort. Ob sie in Sportvereinen mitwirken, regelmäßig in die Kirche gehen, örtliche Kulturveranstaltungen besuchen oder die Lokalzeitung lesen – das Leben in den Gemeinden hängt auch vom Engagement der und des Einzelnen ab.

Westfälinnen und Westfalen sind häufig ehrenamtlich engagiert, zunehmend konfessionslos und haben eine weniger dichte Vereinslandschaft als das Rheinland aufgebaut.

Ehrenamt und Engagement

Viele Westfälinnen und Westfalen engagieren sich ehrenamtlich für das Gemeinwohl.

Fast jede:r zweite Erwachsene (49 von 100 Erwachsenen) in Westfalen ist freiwillig engagiert und wendet dafür durchschnittlich rund 227 Stunden pro Jahr auf. Damit liegt Westfalen bei der Beteiligung ganz knapp unter und beim zeitlichen Einsatz deutlich über dem Landesdurchschnitt von NRW: Im gesamten Bundesland ist genau die Hälfte der Bevölkerung ehrenamtlich aktiv, wobei der oder die Einzelne rund 214 Stunden für das Ehrenamt (oder die verschiedenen Ehrenämter) aufwendet.

In Deutschland sind rund 40 Prozent der über 14-Jährigen ehrenamtlich aktiv, aber immer weniger Menschen gehen einem besonders zeitintensiven Engagement nach.

Ehrenamtliche Beteiligung ist wichtig, denn viele Bereiche würden ohne Ehrenamtliche nicht oder nur sehr eingeschränkt funktionieren: Der Katastrophenschutz, die Versorgung von geflüchteten oder obdachlosen Menschen, das Sporteln für Kinder oder die Betreuung von Heimatmuseen liegen oftmals fest in den Händen von Ehrenamtlichen, die gar nicht oder nur teilweise von angestellten Fachkräften unterstützt werden. Welchen großen Wert das Ehrenamt hat und dass es – wortwörtlich – unbezahlbar ist, verdeutlicht der finanzielle Gegenwert, der erwirtschaftet würde, wenn Ehrenamtliche eine Bezahlung erhielten: Angenommen, jede:r Ehrenamtliche über 18 Jahren erhält für jede geleistete Stunde einen Mindestlohn von 12 Euro – allein in NRW kämen Lohnkosten in Höhe von 19,14 Milliarden Euro zusammen.

... in den Kreisen und kreisfreien Städten

In den verschiedenen Teilregionen und Kreisen von Westfalen sieht das Engagement unterschiedlich aus.

Im Sauer- und Siegerland sind NRW-weit die meisten Menschen ehrenamtlich aktiv (61 Prozent). Landesweiter Spitzenreiter unter den Kreisen und kreisfreien Städten ist der Hochsauerlandkreis, dort engagieren sich 69 Prozent aller Erwachsenen ehrenamtlich.

In Ostwestfalen-Lippe ist jede:r Zweite ehrenamtlich aktiv – das entspricht dem Durchschnitt von NRW. Die Menschen dort wenden aber vier Stunden mehr Zeit für ihr Ehrenamt auf.

Die Münsterländer:innen sind etwas seltener ehrenamtlich engagiert als der Landesdurchschnitt, dafür investieren die Ehrenamtlichen insgesamt 40 Stunden mehr Zeit in ihre Beschäftigung.

Im westfälischen Ruhrgebiet wird der höchste finanzielle Gegenwert erwirtschaftet.

Die meisten Ehrenamtlichen in NRW sind bei der Wohlfahrt aktiv (22 Prozent), es folgen der Sport (21 Prozent), die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen und der Bereich Kultur, Kunst und Musik (je 15 Prozent). Auch hier gibt es regionale Unterschiede.

Zum Beispiel sind im Kreis Höxter 39 Prozent der Ehrenamtlichen im Bereich Bewegung und Sport engagiert, rund ein Drittel bei der Wohlfahrt und jeweils rund 20 Prozent engagieren sich für Kinder und Jugendliche, Kultur oder im Katastrophenschutz.

In Dortmund sind hingegen nur acht Prozent im Bereich der Wohlfahrt engagiert, dafür knapp jede:r Vierte im Bereich Sport und Bewegung, 15 Prozent unterstützen ältere oder erkrankte Menschen und ebenso viele sind in der Politik aktiv.

Das ehrenamtliche Engagement der Einwohner:innen von NRW wird auf Ebene der Kreise und Teilregionen im Ehrenamtatlas dargestellt.

Vereinswesen

Viele Menschen engagieren sich zum Beispiel in einem eingetragenen Verein (e. V.).

2020 gab es in Nordrhein-Westfalen 121.486 eingetragene Vereine – das sind rund 20 Prozent aller Vereine in Deutschland. Insgesamt steigt in NRW die Zahl der Vereine.

In Westfalen gibt es 6,6 Vereine für 1.000 Einwohner:innen, das sind weniger als im Durchschnitt von NRW (6,7) und Deutschland (7,3). Die höchste Vereinsdichte gibt es in den Bezirken der Amtsgerichte Münster (Stadt Münster und Kreis Warendorf) und Bad Oeynhausen (Kreise Herford und Minden-Lübbecke).

Ob es in einer Region viele oder wenige Vereine gibt, hängt zum Beispiel davon ab, ob das Gebiet strukturstark oder -schwach, eher ländlich oder überwiegend städtisch geprägt ist. Wirtschaftlich starke Städte weisen im Durchschnitt die meisten Vereine auf.

Heimat-, Bürger- und Kulturvereine

Die Arbeit zahlreicher Heimat-, Bürger- und Kulturvereine in Westfalen wird durch den Westfälischen Heimatbund e. V. (WHB) begleitet. Rund 600 Vereine und etwa 700 ehrenamtliche Kreis-, Stadt- und Ortsheimatpflegende gehören dem Dachverband an. Dieser unterstützt seine Mitglieder als Serviceeinrichtung und Sprachrohr. Auf diese Weise vertritt der WHB die Belange von etwa 130.000 heimatverbundenen Menschen, er gilt damit als einer der mitgliederstärksten Heimatverbände Deutschlands.

Heimatarbeit umfasst verschiedene Handlungsfelder; die Themen reichen von Regional- und Ortsgeschichte, Baukultur und Denkmalpflege, Alltagskultur und immateriellem Kulturerbe über Kulturlandschaftspflege, Umwelt- und Naturschutz bis hin zur Dorf- und Stadtentwicklung. Der WHB arbeitet mit unterschiedlichen Verbänden, Vereinen, Institutionen und Einrichtungen in der Region sowie auf Landes- oder Bundesebene zusammen.

Der WHB gehört zu den Kooperationspartnern der Westfalen-Akademie, an der Seminare für Vereine und Ehrenamtliche angeboten werden. So soll Engagement gefördert und honoriert werden.

Sportvereine in NRW

2023 gab es in NRW über 17.500 Sportvereine, die insgesamt mehr als 5,1 Millionen Mitglieder hatten. Die Covid-19-Pandemie sorgte zunächst für einen kleinen Rückgang der Mitgliederzahlen, seit 2022 steigt die Zahl der Mitglieder jedoch wieder.

Obwohl die Zahl der Vereine seit 2010 sinkt, waren die Mitgliederzahlen (bis zum Beginn der Pandemie) insgesamt weitgehend stabil: Zwischen 2005 und 2020 waren stets mehr als fünf Millionen Menschen Mitglied in einem Sportverein.

Rund ein Drittel der Mitglieder (und damit die meisten) sind Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren. Insgesamt sind über alle Altersklassen hinweg mehr Männer und Jungen Mitglied in Sportvereinen, als Frauen und Mädchen.

Glaubensgemeinschaften

1950 waren 96 Prozent der Menschen in Deutschland katholisch oder evangelisch, 2020 war es noch rund die Hälfte. Nur zwei Jahre später, im Frühjahr 2022, drehten sich die Verhältnisse um: Erstmals leben mehr Menschen ohne christliche Konfession in Deutschland als Menschen, die einer der christlichen Kirchen angehören.

In Westfalen ist das Bild derzeit noch ein anderes: 2018 gehörten fast 70 Prozent der Menschen entweder der katholischen oder der evangelischen Kirche an.

Insgesamt hat die katholische Kirche in Westfalen mehr Mitglieder als die evangelische. Dennoch lebt die Mehrheit der evangelischen Kirchenmitglieder aus NRW in Westfalen.

Räumliche Verteilung

Regional sind die Religionszugehörigkeiten unterschiedlich verteilt: Im Münsterland und im Sauerland gehören die Menschen überwiegend der katholischen Kirche an, im Norden von Ostwestfalen-Lippe, im Siegerland und weiten Teilen des Ruhrgebiets sind die Menschen eher Mitglied der evangelischen Kirche. Besonders viele Mitglieder hat die katholische Kirche im Hochsauerlandkreis, dort sind 72 Prozent der Menschen römisch-katholisch. Die Mehrheit der Menschen im ostwestfälischen Kreis Minden-Lübbecke, nämlich fast 64 Prozent, ist evangelisch getauft.

Rund eine Million Menschen in NRW gehören dem islamischen Glauben an, das sind knapp 5,5 Prozent aller Bürger:innen aus NRW, das entspricht etwa dem bundesweiten Durchschnitt. Etwa die Hälfte der Muslime in NRW ist in einer Gemeinde engagiert, von denen die meisten im Ruhrgebiet liegen.

Dort ist das religiöse Leben insgesamt besonders vielfältig, weil viele unterschiedliche Glaubensgemeinschaften und ihre Mitglieder auf vergleichsweise engem Raum zusammenleben. Ähnliches gilt für andere Großstädte und Ballungsgebiete. Dort leben außerdem mehr Menschen, die keiner Konfession angehören.

In ländlichen Räumen ist die religiöse Vielfalt hingegen weniger ausgeprägt. Gleichzeitig sind in ländlich geprägten Kreisen mehr Menschen in den Religionsgemeinschaften engagiert und fühlen sich diesen stärker zugehörig. Das bedeutet: "In den städtischen Gebieten gibt es zwar mehr religiöse Organisationen, diese binden aber weniger Menschen."

Zukünftige Entwicklungen bei der Religionszugehörigkeit

Auf die Religionsgemeinschaften, vor allem die beiden großen christlichen Kirchen, kommen zukünftig Veränderungen zu, die sich derzeit in den Klassenzimmern andeuten.

Im Schuljahr 2020/2021 sind in einer durchschnittlichen Grundschulklasse in NRW von 23 Schülerinnen und Schülern:

  • Sieben Kinder römisch-katholisch und
  • Fünf evangelisch getauft.
  • Vier Schüler:innen gehören dem islamischen Glauben an,
  • Zwei einem anderen Glauben.
  • Fünf Kinder sind konfessionslos.

Voraussichtlich wird in NRW also die Zahl der Menschen ohne Konfession steigen. Die christlichen Kirchen könnten weitere Mitglieder verlieren, andere Konfessionen neue Mitglieder hinzugewinnen.

Weitere Informationen

Zu den Themen Ehrenamt, Vereinswesen und Glaubensgemeinschaften gibt es zahlreiche weitere Informationen, von denen hier beispielhaft einige genannt werden.

Zum Ehrenamt in Deutschland und NRW werden regelmäßig Daten erhoben und veröffentlicht, dazu zählen unter anderem Der Deutsche Freiwilligensurvey und der ZiviZ-Survey. Dieser wird auch mit Ergebnissen zu NRW veröffentlicht. Der NRW-Ehrenamtatlas von WestLotto veröffentlicht Zahlen zum Engagement und Vereinswesen in den Kreisen und kreisfreien Städten in NRW.

In Westfalen vertritt und berät der Westfälische Heimatbund (WHB) die Heimat-, Kultur und Bürgervereine sowie die ehrenamtlichen Ortsheimatpflegenden.

Zur räumlichen Verteilung der Konfessionszugehörigkeit hat die Geographische Kommission für Westfalen (GeKo) einen Text mit Kartenmaterial veröffentlicht, in dem zum Beispiel auch die Gründe für die unterschiedliche Verteilung erläutert werden.

Einen Überblick über die religiöse Lage bietet ein anderer Artikel der GeKo. Darin wird zum Beispiel die Verbreitung der Religionsgemeinschaften ausgeführt und der sogenannte Diversitätsindex eingeführt und erläutert.

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