Öffentliche Sozialleistungen
Der Staat gewährt Geld- oder Sachleistungen, um für mehr soziale Gerechtigkeit und Sicherheit zu sorgen, etwa im Fall von Krankheit oder Wohnungslosigkeit. Besonders geschützt und unterstützt werden zum Beispiel Menschen mit Behinderung, Kinder und Jugendliche oder Wohnungslose.
Auf dieser Seite werden einige öffentliche Sozialleistungen dargestellt, die von verschiedenen Stellen für Menschen in Westfalen ausgezahlt werden.
... für Menschen mit Behinderungen
Westfalenweit hat jede:r zehnte Einwohner:in eine Behinderung mit einem Grad von mindestens 50, was einer Schwerbehinderung entspricht.
Bei den meisten Menschen mit einer Schwerbehinderung sind Funktionen der inneren Organe oder Organsysteme beeinträchtigt (fast 23 Prozent), rund jede fünfte Person mit einer Schwerbehinderung hat eine Querschnittslähmung, zerebrale Störungen, eine geistig-seelische Behinderung oder eine Suchtkrankheit.
Eingliederungshilfen
„Eingliederungshilfe“ ist die finanzielle Unterstützung für Leistungen, die Menschen mit Behinderungen bekommen, um möglichst genauso am Leben teilnehmen zu können wie Menschen ohne Behinderungen. Die Teilhabe soll für die Arbeitswelt, das Wohnen aber auch alle anderen Bereiche gelten. In NRW werden Leistungen der Eingliederungshilfe im jeweiligen Verbandsgebiet überwiegend von den Landschaftsverbänden Westfalen-Lippe (LWL) und Rheinland (LVR) finanziert.
Der LWL sorgt dafür, dass Menschen mit besonderen Beeinträchtigungen durch ein soziales Netz unterstützt werden. Die LWL-Inklusionsämter Soziale Teilhabe und Arbeit leisten hierfür individuelle Hilfen zum Wohnen und zur Teilhabe am Arbeitsleben. Zudem erbringen sie Leistungen der Eingliederung und Sozialhilfe, die eine angemessene Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglichen. Darüber hinaus erbringt der LWL Leistungen der Sozialen Teilhabe für Kinder und Jugendliche, damit diese sich bestmöglich entwickeln können.
Die Aufwendungen im Bereich der Eingliederungshilfe steigen jährlich, weil unter anderem immer mehr Menschen mit Behinderungen einen gesetzlichen Anspruch auf Hilfe haben und die Löhne steigen.
- Von den gesamten Aufwendungen der Eingliederungshilfe in Höhe von rund 3,2 Milliarden Euro entfallen 2023 mit rund 2,2 Milliarden Euro mehr als zwei Drittel auf Leistungen der Sozialen Teilhabe. Die Soziale Teilhabe setzt sich im Wesentlichen aus Assistenzleistungen zusammen.
- Drei Viertel davon entfallen zusammen auf Assistenzleistungen in besonderen Wohnformen (1,25 Milliarden Euro) und Assistenzleistungen außerhalb von besonderen Wohnformen (482 Millionen Euro) und damit auf Erwachsene.
- Drittgrößter Posten der Sozialen Teilhabe ist die Kindertagesbetreuung für Kinder mit Behinderung mit rund 180 Millionen Euro, davon rund 108 Millionen Euro inklusive Kindertagesbetreuung und rund 72 Millionen Euro Betreuung und Förderung in heilpädagogischen und kombinierten Kindertageseinrichtungen.
- Weitere Soziale Teilhabeleistungen sind Leistungen zum Erwerb und Erhalt praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten (rund 115 Millionen Euro), die solitäre Frühförderung (rund 43 Millionen Euro), die Betreuung in einer Pflegefamilie (rund 41 Millionen Euro) und die ambulante Hilfe zur Pflege neben Eingliederungshilfe (rund 6 Millionen Euro).
Mehr selbstbestimmtes Wohnen
Damit Menschen mit Behinderung möglichst dort wohnen und so leben können, wie sie möchten, wird teilweise finanzielle Unterstützung geleistet. Während die Zahl der Menschen, die Assistenzleistungen innerhalb besonderer Wohnformen (früher: "stationäres Wohnen"), auf einem ähnlichen Niveau verbleibt, wächst die Zahl der Menschen, die Assistenzleistungen außerhalb besonderer Wohnformen enthalten, seit 2006 stetig an. Das bedeutet, dass immer mehr Personen zum Beispiel zuhause oder in einer eigenen Wohnung leben und dafür finanzielle Unterstützung erhalten.
Kindertagesbetreuung für Kinder mit Behinderungen
Während die Zahl der Kinder in heilpädagogischen Einrichtungen weitgehend gleichbleibt, steigt die Zahl der Kinder mit Behinderung in inklusiven Kindergärten seit mehreren Jahren stetig an.
Weitere Informationen
Der digitale Teilhabeatlas veranschaulicht die Wohnsituation von erwachsenen Menschen mit Behinderungen in den 27 Kreisen und kreisfreien Städten in Westfalen-Lippe. Er besteht aus den beiden interaktiven Karten "Strukturatlas" und "Verflechtungsatlas".
Der Verflechtungsatlas zeigt, wie viele Leistungsberechtigte in einer ausgewählten Region in einer besonderen Wohnform unterstützt werden und ob sie für diese Wohnform umgezogen sind. Es werden die Zuzüge und Wegzüge von Leistungsberechtigten zwischen den 27 Kreisen und kreisfreien Städten in Westfalen-Lippe dargestellt.
Der Strukturatlas zeigt, wie viele Leistungsberechtigte Assistenzleistungen in der eigenen Häuslichkeit, Assistenzleistungen in einer besonderen Wohnform und intensive Hilfen erhalten. Außerdem kann die Gesamtzahl an Leistungsberechtigten und Plätzen in besonderen Wohnformen pro ausgewählter Region angezeigt werden. Ebenso können die Zuzüge und Wegzüge der Leistungsberechtigten, die Unterstützung in einer besonderen Wohnform erhalten, verglichen werden.
Erzieherische Hilfen für Familien mit Kindern
Ein Baustein der Unterstützung von Kindern und Jugendlichen sind die Erzieherischen Hilfen. Darunter fallen zum Beispiel die Betreuung in Heimen, die Hilfen für seelisch behinderte junge Menschen und die Sozialpädagogische Familienhilfe, bei der Familien durch Fachkräfte begleitet werden.
Ziel all dieser Hilfen ist die Unterstützung und Förderung sowie der Schutz von Kindern und Jugendlichen. Die Leistungen werden meist von den zuständigen Jugendämtern in Auftrag gegeben und koordiniert, aber von freien Trägern und Wohlfahrtseinrichtungen durchgeführt.
Immer mehr Kinder, Jugendliche und Familien nehmen Hilfeleistungen in Anspruch. In sämtlichen Bereichen sind es mehr Jungen, die Hilfen in Anspruch nehmen, als Mädchen. Auch die Herkunft und die finanzielle Situation der Familien spielen eine Rolle: Kinder und Jugendliche aus Familien, die Sozialhilfen empfangen oder eine Migrationsgeschichte haben, erhalten überproportional häufig erzieherische Hilfen.
Öffentliche Sozialleistungen für Menschen in besonderen sozialen Notlagen
Im Sommer 2023 waren in NRW fast 108.600 Menschen aufgrund von Wohnungslosigkeit untergebracht oder als wohnungslos bekannt. Damit erreichte die Zahl der wohnungslosen Menschen einen neuen Höchststand.
In NRW leben die meisten Wohnungslosen in Köln, mit einigem Abstand folgen Düsseldorf, Kreis Steinfurt und Bonn.
In Westfalen lebten 2023 rund 47.900 wohnungslose Menschen. In den Kreisen Steinfurt, Borken, Gütersloh und Recklinghausen sowie in Bielefeld wurden westfalenweit die meisten Menschen als wohnungslos gemeldet. Gemessen an der Zahl der Einwohnerinnen und Einwohner wurden aus den Kreisen Herford, Borken und Warendorf die meisten wohnungslosen Menschen gemeldet.
Ein Grund für den deutlichen Anstieg der Zahl der Wohnungslosen ist der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine. Menschen, die vor dem Krieg flüchteten, kamen auch in NRW an. Mehr als ein Viertel der ukrainischen Wohnungslosen waren Kinder und Jugendliche.
Die Beratungsstellen für Wohnungslose sind regional unterschiedlich verteilt, die meisten Beratungsstellen gibt es im Ruhrgebiet und in Bielefeld. Im Münsterland gibt es einzig in Münster eine Beratungsstelle, in Süd- und Ostwestfalen gibt es jeweils fünf, beziehungsweise sechs Angebote. Im Ruhrgebiet gibt es hingegen insgesamt 15 Stellen, die zusammen jede:n zweite:n Klientin/Klienten beraten. In den Städten ohne öffentlich finanzierte Unterstützungsangebote übernehmen Vereine und Ehrenamtliche die Versorgung von Wohnungslosen.
In NRW gibt es immer mehr Menschen, die von Wohnungslosigkeit bedroht oder betroffen sind. Ein Grund dafür ist unter anderem die Zunahme von Geflüchteten, die auf dem regulären Wohnungsmarkt meist keine (bezahlbare) Wohnung finden können.
Die Europäische Union hat das Ziel, Armut in allen Mitgliedsstaaten zu reduzieren und Obdachlosigkeit bis 2030 zu beenden.
Ansatz gegen Wohnungslosigkeit
Um Wohnungslosigkeit anzugehen und eine langfristige, gerechte und soziale Lösung zu finden, probieren Städte und Gemeinden, Verbände und Vereine auch neue Ansätze aus.
Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) beteiligt sich als Kommunalverband an der Erprobung neuer Konzepte und Ideen. 2021 wurde beschlossen, dem Problem der Wohnungslosigkeit mit einem neuen Ansatz entgegenzuwirken: "Housing First."
Das Konzept wurde in den 1990er-Jahren in New York entwickelt und seither von zahlreichen Städten in Nordamerika und Europa übernommen und ausprobiert. Die Idee des Konzepts ist, dass wohnungslose Menschen mit hohem Unterstützungsbedarf zunächst eine Wohnung erhalten und erst danach weitere Hilfs- und Beratungsangebote besprochen werden: Das Wohnen soll der Ausgangspunkt sein, nicht das Ziel.
Der LWL wird zukünftig unter anderem die Kommunen dabei unterstützen, günstigen Wohnraum zu erwerben und diesen zu vermitteln. Sowohl größere Städte als auch kleinere Gemeinden können sich beteiligen.